Jeans Produktion – dreckige Wahrheiten

 
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DIRTY DENIM

 

Hintergrundgeschichte zum Bild
Kolkata in dem indischen Bundesstaates Westbengalen: In fast jeder Gasse sieht man blaue Jeans an Schnüren hängen. Alte Jeans werden hier angekauft, dann gewaschen, gefärbt oder genäht, um diese dann wieder zu verkaufen.


60 Jeans pro Sekunde!

Jährlich werden ca. 1,8 Milliarden Jeans weltweit verkauft und das beläuft sich dann auf etwa 60 Jeans pro Sekunde. Ja, die beliebte „blaue Hose“ namens Jeans kennen wohl alle und durchschnittlich hat jede/r Deutsche/r sieben Paar Jeans im Schrank.

Ich spreche in diesem nachhaltigen Blogartikel etwas ausführlicher über die Schattenseiten der konventionellen Jeans Produktion und warum diese so dreckig und schädlich für unsere Umwelt und uns Menschen ist. Ich zeige Dir auch, was den Unterschied zur nachhaltigen Jeans Herstellung ausmacht. Am Ende gebe ich Dir noch Tipps, worauf Du beim Jeanskauf achten kannst und wo Du neuwertige, faire-eco Jeans findest. Deine alte Jeans zu pflegen und zu reparieren oder zu Second Hand Jeans zu greifen, ist übrigens die nachhaltigste Variante!


Was macht die Jeans Produktion so dreckig und problematisch?

Jeans Produktion – konventioneller Baumwollanbau

konventioneller Baumwollanbau

Baumwollpflücker:innen – Brasilien, Sao Paulo, 2005
Foto 57671850 © Alf Ribeiro | Dreamstime.com

Baumwollanbau – Chemikalien & Co.
Ja, Baumwolle, denn Jeans bestehen zu 100% oder zumindest zu einem großen Anteil aus Baumwolle. Bei der Herstellung von herkömmlichen Jeans werden meist viele Chemikalien freigesetzt und dies fängt schon bei dem konventionellen Baumwollanbau an. Hier kommt zur Schädlingsbekämpfung viel Chemie zum Einsatz. Pestizide z. B. machen die Baumwollpflanzen resistenter und schädlingsfreie Pflanzen bringen einen größeren Ertrag ein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzte 2011, dass jährlich ca. 20.000 Menschen an Vergiftungen durch Pestizide, wie z. B. Endosulfan, sterben.

Die Menschen und die Umwelt vor Ort werden immens belastet, da die Chemikalien von den Baumwollpflücker:innen eingeatmet werden, Böden vergiften können und oftmals in heimischen Flüssen landen. Der Einsatz von diesen schadet daher der Umwelt sowie den vor Ort lebenden Menschen auf Grund der direkten Umweltauswirkungen. Ein Teil der Pestizide verbleibt übrigens auch in der fertigen Jeans und landet auf unserer Haut – das betrifft dann uns Käufer:innen ganz konkret.

Baumwollanbau – Wasserverbrauch
Nicht außer Acht zu lassen, ist auch der immense Aufwand und Verbrauch an Ressourcen, die für die Baumwollproduktion benötigt werden. In etwa 7000 Liter werden für die Produktion einer einzigen Jeans verbraucht, das sind ca. 47 volle Badewannen. Der sehr hohe Wasserverbrauch geht hauptsächlich auf den aufwändigen und wasserintensive Anbau von herkömmlicher Baumwolle zurück.

Jeans Produktion – von Indigoblau bis „used“ Look

jeans produktion faerben

Färben – Anilin & Co.

Beim herkömmlichen Färben und Veredeln der Jeans werden oft weitere Mengen an hormonell wirksamen, teils krebserregenden oder anderweitig giftigen Chemikalien hinzugefügt. Unter den chemischen Färbemitteln und giftigen Substanzen sind oftmals Chlor, Kupfer, Quecksilber, Chrom oder Blei. Anilin z. B. stammt aus dem synthetisches Farbstoff Indigo, welcher der Blue Jeans ihren beliebten Blauton verleiht. Dieser Ausgangsstoff wurde 2019 in herkömmlichen Jeans aber auch in einigen fairen Bio-Baumwoll-Jeans nachgewiesen. Das problematische ist, dass Anilin als krebsverdächtig eingestuft wird. Kurzum waren jedoch die gefundenen Werte von Anilin in den Bio-Baumwoll-Jeans minimal und liegen sogar unter den gesetzten Grenzwerten für „Hautkontakt von Säuglingen“. Dennoch, besser ist es meiner Meinung nach ohne Anilin.

Organisationen wie die Global Organic Textil Standard (GOTS) und der Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN) geben daher in ihren Anforderungen an Textilien Anilinwerte vor, die nicht überschritten werden dürfen. Demnach dürfen die Anilinwerte als Rückstände im Textil, nur bei max. 100 mg/kg liegen. OEKO-TEX Standard 100 gibt hier sogar einen Maximalgehalt von 50 mg/kg vor.

Der Jeans-Chemie-Cocktail wird in Waschgängen wieder ausgewaschen. Das verunreinigte sowie giftige Wasser der Waschgänge wird oftmals direkt in Flüsse geleitet, da effektive Kläranlagen meist fehlen. Der Fluss der chinesischen Stadt Xintang in der Provinz Guangdong in China hat daher seinen tragischen Namen „Ink-River“. Xintang ist bekannt als die „Weltstadt der Blue Jeans”. 2010 war ein Team von Greenpeace vor Ort und dokumentierte dort u. a. die immens problematischen Umstände. The Guardian berichtete zudem über diese in einem Artikel aus 2011.


Ich darf die Bilder des Artikels leider hier nicht verwenden. Daher verlinke ich Dir den erwähnten Artikel aus 2011 von The Guardian mit dem, wie ich finde, sehr ergreifendem Bildmaterial.

The price of success: China blighted by industrial pollution – in pictures


China Dialogue veröffentlichte zudem auch einige Fakten über die Umstände in Xintang 2013 und interviewte einen Chinesen: “Sixteen years ago he would go swimming with his girlfriend in the East River. ,But now, I wouldn’t if you paid me.’ … In November 2010 Greenpeace published a survey which found that at three sampling sites in Xintang, the amounts of lead, copper and cadmium in the riverbed exceeded national "soil environmental quality standards".” (Li Guang et al., 2013)

Sandblasting – „used“ bitte!

Für den gewünschten „used“ Look wird nochmal viel Wasser fürs Waschen benötigt sowie wird gebleicht. Dabei kommt auch oft die Sandblasting (Sandstrahlen) Methode zum Einsatz. Bei dieser Methode bestrahlen Arbeiter:innen die Jeans mit Sand, um dieser ihren „used“ Look zu verleihen. Statistiken der WHO zeigen, dass die Methode des Sandstrahlens zu Krankheiten wie Lungenfibrose, Emphysem und Silikose führt unter denen die Arbeiter:innen meist ein Leben lang leiden. Es gibt viele Modemarken, die öffentlich schon 2012 verboten hatten sandgestrahlte Jeans zu produzieren, darunter auch Levi’s.

Kinderarbeit

Das International Labor Rights Forum (ILRF) hat bereits berichtet, dass in einigen Teilen Asiens Kinder im Alter von 12 Jahren für die Herstellung unserer Kleidung arbeiten.

Wind of change?! – Beispiel Levi’s

Levi’s sagt u. a. über sich selbst, dass 65 % seiner Produkte in Fabriken hergestellt sind, die ihre Programme für das Wohlergehen der Mitarbeiter umsetzen sowie dass 75 % der Baumwolle aus nachhaltigeren Quellen stammen und dass seit Einführung von Water<Less® 2011, 4,2 Milliarden Liter Wasser eingespart worden sind. Das bestreben nach weiteren Verbesserungen in Punkte Nachhaltigkeit sei groß, so möchte das Label bis 2025 seine 100 % Baumwolle aus nachhaltiger Produktion einsetzen. Meine Meinung dazu ist, dass dies nur ein sehr kleiner Anfang ist, der bestenfalls konsequent mittels hoher sozialer und ökologischer Standards ausgebaut werden muss sowie sehr transparent kommuniziert werden sollte – wirklich nachhaltig oder/und fair kann man die Marke meiner Meinung nach nicht bezeichnen.

 

Was macht eine nachhaltige und faire Jeans Produktion aus?

Jeans Produktion – Bio-Baumwolle

Bei der nachhaltigen Jeans Produktion wird Bio-Baumwolle als Basisstoff verwendet und keine konventionelle Baumwolle. Der Bio-Baumwollanbau verbraucht ca. 70% weniger Wasser, da die Baumwollpflanze durchschnittlich mit Regenwasser bewässert wird. Bio-Baumwolle kommt zudem meist ohne Pestizide und Kunstdünger aus.

Auch andere Naturstoffe wie z. B. Hanf und Leinen werden manchmal anteilig in die Jeans beigefügt. Die Hanfpflanze zum Beispiel ist sehr anspruchslos, da sie in vielen Regionen der Welt angepflanzt werden kann. Zudem ist die Pflanze sehr resistent gegen Pilzbefall und gilt als sehr reißfeste Faser.

Jeans Produktion – faire & sichere Arbeitsbedingungen

Sicherheit am Arbeitsplatz sollte immer gegeben sein, sei es im Allgemeinen, zu Coronazeiten oder als Schwangere, genauso wie faire existenzsichernde Löhne, menschenwürdige Arbeitszeiten und das Verbot von Kinderarbeit. Du kannst darauf achten, dass Deine neuwertige Jeans bestenfalls ökologisch und sozial hohe Standards erfüllt. Niemand sollte in giftigen Chemikalien stehen oder einen Hungerlohn erhalten. Zudem sollten Kinder spielen und schulische Bildung genießen und nicht ihre Zeit als Arbeiter:innen in Jeans Werksstätten verbringen.

Fairtrade Cotton ist beispielsweise ein Sozialsiegel, welches den Landwirten:innen, insbesondere Kleinbauern und Kleinbäuerinnen kostendeckende Mindestpreise für ihre Baumwolle garantiert. Darüber hinaus stellt das Siegel auch Anforderungen an einen umweltverträglichen Baumwollanbau.

Auch viele andere ökologische und soziale Siegel helfen eine faire und nachhaltige Jeans Herstellung sicherzustellen. Hierzu gehe ich im folgenden Punkt näher ein.

 

Worauf Du beim Jeans Kauf achten kannst!

Die Herstellung jedes Kleidungsstückes nimmt Ressourcen und Arbeitszeit in Anspruch. Die nachhaltigsten und wohl auch fairsten Varianten sind daher:

  • Pflege und Reparatur

    Pflege und repariere Deine vorhandenen Jeans, wenn nötig.

  • Second Hand Jeans

    Ziehe Second Hand Jeans für Deinen „Neukauf“ in Erwägung.

Wenn Du eine werksneue Jeans kaufen möchtest, dann achte auf:

  • Jeans mit Naturmaterialien

    wie z. B. Bio-Baumwolle, Hanf oder Leinen

  • Jeans ohne Polyester

  • Zertifizierungen

    Jeans Marken, die selbst oder/und dessen Jeans Produkte zertifiziert sind

Durch Zertifizierungen bzw. Standards und Siegel, gehst Du fast immer sicher, dass die Rohstoffe und Materialien nachhaltig beschafft worden sind sowie ohne den Einsatz von giftigen Chemikalien verarbeitet wurden. Zudem geben die sozialen Zertifizierungen auch Gewissheit, dass Deine Jeans unter fairen Arbeitsbedingungen zu Stande gekommen ist.

Hier eine Auswahl:

  • OEKO-TEX® Standard 100

  • Global Organic Textile Standard (GOTS)

  • Grüner Knopf

  • Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN)

  • Fairtrade Cotton

  • Fair Wear Foundation


Du möchtest mehr über die einzelnen Zertifizierungen bzw. Siegel kurz und bündig wissen, dann lies Dir gerne meinen Blogartikel dazu durch:

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Hier findest Du zudem nachhaltige und faire Jeans Marken:

Blog-Empfehlung zu fairen Eco Jeans Marken:



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